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Imran Ayata
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Gülriz Egilmez
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Imran Ayata
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Dieses hybride Leben zwischen Berlin und Istanbul, wie oft habe ich diesen Wunschtraum erzählt bekommen. Hier und da sein zu können, das Beste aus beiden ziehen. Das Leben als ein Mix aus zwei großartigen Songs gewissermaßen. Guelriz Egilmez hat es einfach gemacht. Einfach ist natürlich irreführend, weil es nicht einfach, sondern kompliziert und widersprüchlich ist, dieses Leben hier und da. Ich kenne Guelriz seit vielen Jahren. Es ist eine eigenartige Freundschaft. Sie kommt damit aus, dass Guelriz und ich uns in all den Jahren nur zwischen Tür und Angel gesehen und turboschnelle Minigespräche geführt haben. Vor ein paar Wochen haben wir uns das erste Mal überhaupt verabredet. Fisch gegessen und Raki getrunken. In Istanbul. Wir waren im Yakup 2, einem Restaurant in der des Tünel, wo sich viele Journalisten, Intellektuelle sowie Künstler verlieren. Eigentlich wollten wir ins Karaköy Lokantasi, unser beider Lieblingsrestaurant, wie wir beim hin und her simsen zuvor belustigt festgestellt hatten. Dieses Wunderlokal ist sonntags allerdings geschlossen. So haben wir im Yakup 2 in wenigen Stunden Fragen von Mode, Musik und Migration abgehandelt. Den Absacker nahmen wir in einer Bar, in der 1990er Jahre HipHop gespielt wurde. Darin kennt sich Guelriz exzellent aus, wie sie überhaupt eine Kennerin guter Musik ist, nicht festgestellt auf ein Genre, eine Schule, nur konsequent darin, dass sie gut sein sollte. Guelriz macht in Mode. Sie brachte ein eigenes Label an den Start, lange bevor in Berlin dieser kurzatmige Hype um deutsch-türkische oder türkische Mode entstand. Mit LINIST baute sie ihre eigene Berlin-Istanbul Brücke. Man könnte jetzt die Geschichte einer kämpferischen, erfolgreichen jungen deutsch-Türkin erzählen, die Karriere in der Modebranche macht, weiß, was angesagt ist und Style hat. Die Story ist diffiziler. Denn Guelriz ist neben allem, auch ein politischer Mensch. Für Guelriz geht es nicht um sie allein, sondern, was um sie herum geschieht – in ihrem Freundeskreis, ihren Kiez, ihrer Stadt undsoweiter. Deswegen waren die Verbrechen des NSU nicht eine mediale Dauerschleife, sondern ein Initialmoment, Berlin den Rücken zu kehren. Sie wohnt jetzt in Istanbul, nicht wie diese zugezogenen Almancis (Deutschländer), sondern so, als hätte sie die ganze Zeit dort gelebt. Mit Berlin hat sie nicht abgeschlossen. Das weiß ich nicht, ich hoffe viel mehr, dass ihre Istanbul-Berlin-Brücke noch lange hält.

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